Weihnachtssterne aus Uganda: Wie kommen die beliebten Pflanzen eigentlich nach Europa?
Reportage
Das Heranziehen von Weihnachtssternen nimmt alljährlich in Afrika seinen Anfang. Von dort werden die Stecklinge der Pflanzen nach Europa geflogen. Beim Transport zum Flughafen und bei der Auslieferung sind Mercedes-Benz Lkw im Einsatz.
Schnelles Fahren ist auf den Landstraßen rund um den Victoriasee unmöglich. Alle 500 Meter haben die Anwohner und Gewerbetreibenden am Straßenrand quer über die Piste kleine Wälle aufgehäuft. Die Sonne hat daraus eine harte Barriere gebacken. Wer nicht abbremst und schneller als im Schritttempo darüber hinwegrollt, riskiert einen teuren Achsbruch.
„Die Hindernisse haben zwei Vorteile“, erzählt Peter Muwanga. „Zum einen rast dadurch niemand, sodass die Fußgänger nicht eingestaubt werden. Zum anderen haben die Händler auf diese Weise die Chance, den Autofahrern ihre Waren anzubieten und ins Fenster zu reichen. Selbst wenn die Polizei die Hürden beseitigt, die Leute bauen sie am nächsten Tag wieder auf. So ist das bei uns in Uganda.“
Muwanga ist mit seinem Axor 1823 mit Carrier-Kühlaufbau fast jeden Tag auf der Strecke zwischen Wagagai und dem Flughafen Entebbe unterwegs. Nur der kürzeste Teil der Reise führt dabei über asphaltierte Straßen. Fahrer und Ladung werden trotz moderater Reisegeschwindigkeit jedesmal kräftig durchgeschüttelt. Muwanga ist daran gewöhnt. Und die Erschütterungen machen auch seiner gut verpackten Fracht nichts aus.
„Poinsettias, so der englische Name der Weihnachtssterne, werden bei Selecta One in Uganda von Mai bis in den August in Gewächshäusern mit rund 20 Hektar Gesamtfläche angebaut.“
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RoadStars beitretenViel wichtiger ist es, dass die Ladung gekühlt bleibt und pünktlich ankommt. Denn an Bord des Lkw befinden sich in Spezialkartons Stecklinge von Weihnachtssternen. Aus ihnen werden Gärtnereien in Europa pünktlich für die Adventszeit die beliebten Pflanzen heranziehen. „Meine Sendungen haben noch nie ihren Flug verpasst“, berichtet Muwanga mit Stolz. „Denn auf unseren Axor ist auch bei den schlechten Straßen in dieser Gegend zu 100 Prozent Verlass!“
Peter Muwangas Arbeitgeber ist die Wagagai-Farm, rund eine Autostunde von Ugandas Hauptstadt Kampala gelegen. Selecta One, ein Gartenbauunternehmen aus Deutschland, hat große Teile der Farm gepachtet, um hier unter anderem Weihnachtssterne anzupflanzen, die mit ihren knallroten, bei manchen Sorten auch weißen oder beigen Blättern in der westlichen Welt zur Weihnachtszeit gehören wie Adventskranz und Christbaum.
Rund 55 Millionen Stecklinge.
Muwanga und seine in der Erntezeit rund 1.000 Kollegen auf der Farm bekommen allerdings nur die grünen Blätter der Mutterpflanzen zu sehen. „Und von denen brauchen wir auch nur die Sprossen, die wir abschneiden und dann als Stecklinge auf dem schnellsten Weg versenden“, erzählt der Fahrer.
Das geschieht ausschließlich auf dem Luftweg. In der Hochsaison verschickt Selecta One nahezu täglich Weihnachtsstern-Stecklinge von der Wagagai-Farm nach Europa, pro Saison etwa 55 Millionen Stück. Die Sprossen sind kleiner als ein Daumen und erinnern optisch eher an einen Zweig Minze als an die Topfpflanze, zu der sie sich entwickeln werden.
Direkt nach der Ernte, noch in den Gewächshäusern, packen die Arbeiter die Sprossen in extra isolierte Kartons. Nach der Zwischenlagerung in den Kühlräumen der Farm bringt Peter Muwanga die empfindlichen Pflanzenteile zum Flughafen. Zwischen Ernte und Versand liegen 24 bis 48 Stunden. Aus dem Kühlhaus des Flughafens werden die Stecklinge schließlich bei acht bis zwölf Grad Celsius in die wohltemperierten Frachträume eines Flugzeugs mit Destination Europa verladen.
Doch zunächst sind in Uganda extreme Sorgfalt und viele Arbeitsschritte nötig, bis die Stecklinge geerntet werden können. Ein wichtiges Erfolgsrezept dabei: strengste Hygiene. Poinsettias, so der englische Name der Weihnachtssterne, werden bei Selecta One in Uganda von Mai bis in den August in Gewächshäusern mit rund 20 Hektar Gesamtfläche angebaut. „Die Stecklinge zu produzieren ist eine Fummelarbeit und erfordert viel Geduld und Sorgfalt und vor allem viele kundige Hände“, weiß Wilson Keter, Produktionsmanager bei Selecta One.
Die im internationalen Vergleich niedrigen Arbeitskosten sind ein wichtiger Grund, warum die Weihnachtsstern-Stecklinge in Afrika produziert werden. Der zweite ist das Klima: Der Weihnachtsstern ist eine tropische Pflanze, die ursprünglich aus Mexiko stammt. In Uganda bieten sich optimale Bedingungen für die Mutterpflanzen, aus denen die Stecklinge sprießen.
Die Reise der Stecklinge führt in der Regel mit Brussels Airlines oder KLM direkt nach Brüssel beziehungsweise Amsterdam. Von dort ist es nicht mehr weit zu den Gartenbaubetrieben in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland, wo Selecta-One-Kunden wie Inga Balke die Pflanzen zur vollen Pracht bringen.
Die studierte Gartenbauingenieurin betreibt rund zehn Flugstunden nördlich von Entebbe in Holstein die Gärtnerei Krayenhagen, einen Familienbetrieb mit über hundertjähriger Tradition.
Ein Näschen für den Trend.
Vor zehn Jahren hat Balke die Gewächshäuser des Unternehmens komplett neu aufgebaut. Balke betreibt das Geschäft mit viel Herzblut und Know-how. „Es ist eine Menge Pflege notwendig. Da braucht man Mitarbeiter, die ein Gefühl für die Pflanzen haben und sich intensiv kümmern.“ Und sie muss ein gutes Näschen für Trends haben: „Das Risiko ist groß. Ich muss mich früh im Jahr entscheiden, welche Sorten und welche Farben wir in der kommenden Saison anpflanzen. Wenn ich danebenliege, bleibe ich auf meiner Ware sitzen.“
Zu nachtschlafender Zeit um ein Uhr morgens schlägt Balke jeden Tag auf dem Hamburger Blumengroßmarkt auf, um ihre Pflanzen an die Kunden zu bringen. In der Adventszeit sind es vor allem Weihnachtssterne, mit denen ihr Atego 818 beladen ist.
Den roten Atego mit Wilke-Kofferaufbau und Webasto-Heizung steuert normalerweise ihr Fahrer nach Hamburg. Aber wenn dieser Urlaub hat oder mal krank ist, setzt sich Balke auch gern selbst hinter das Steuer. Besonders gut findet die Unternehmerin die Schaltautomatik PowerShift 3. „Man muss nicht schalten und kann sich voll und ganz auf das Verkehrsgeschehen konzentrieren.“
Genau wie Peter Muwanga aus Uganda liebt Inga Balke ihren Mercedes‑Benz. Beide sind überzeugte Mercedes‑Benz Fahrer und Fans des Mercedes- und des Weihnachtssterns.
Fotos: Allan Gichigi, Christian Schmid
Video: Martin Schneider-Lau
Kommentar
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15 Kommentare
Unglaublich interessanter Artikel im Luftfracht Gewerbe bin ich auch tätig und das der Weg der Weihnachtssterne über die Luft nach Europa geht hätte ich auch zunächst nicht vermutet! Nun habe ich wirklich etwas dazu gelernt.
Vielen Dank für diesen Artikel toll geschrieben und das Video dazu ist super
Unglaublich interessanter Artikel im Luftfracht Gewerbe bin ich auch tätig und das der Weg der Weihnachtssterne über die Luft nach Europa geht hätte ich auch zunächst nicht vermutet! Nun habe ich wirklich etwas dazu gelernt.
Vielen Dank für diesen Artikel toll geschrieben und das Video dazu ist super